Klimts Fakultätsbilder für die Univ. Wien

(1894-1907)

Selten hat es in der österreichischen Geschichte der Kunst ein Vorhaben gegeben, das von Anfang an so vielen Widerständen ausgesetzt war. Die Alma Mater Rudolfina wurde 1883 als eines der historistischen Monumentalbauten der Wiener Ringstraße von Heinrich Ritter von Ferstel im Stil der französisch-italienischen Renaissance fertiggestellt. Die künstlerische Ausstattung war von Ferstel bereits angedacht, musste aber aus Geldmangel und durch seinen Tod im Jahr 1884 verschoben werden. 1894 wurde dies wieder aufgegriffen und Gustav Klimt und Franz Matsch erhielten – wohl wegen der publikumswirksamen Ausschmückung gründerzeitlicher Ringstraßengebäude und verschiedener Theater in der Monarchie als „Künstlercompagnie“ – den Auftrag, für den ein Budget von 60.000 Gulden (heute ca. 400.000 Euro) genehmigt wurde.
1898 gelangten die Entwürfe für das Mittelbild und die vier Fakultäten erstmals zur Vorlage bei der Kunstkommission des Unterrichtsministeriums und der „Artistischen Kommission“ der Universität. Matschs Entwurf für das Mittelbild „Sieg des Lichtes über die Finsternis“ sowie sein Entwurf für das Fakultätsbild „Theologie“ erfuhren keine Einwände. Klimts Entwürfe für die Fakultätsbilder „Medizin“, „Jurisprudenz“ und „Philosophie“ hingegen ernteten erste Widersprüche. Von beiden Künstlern verlangte man eine Angleichung des Stils, was für Klimt einen künstlerischen Rückschritt bedeutet hätte.

Klimts künstlerischer Wandel vom Historismus im Stile Makarts hin zum Jugendstil österreichischer Prägung vollzog sich zwischen dem Ende der 1890er Jahre bis zum weltberühmten Gemälde „Der Kuss“ des Jahres 1907 auf radikale Weise. Althergebrachte und über Jahrhunderte hinweg verständliche Zeichen und Sinnbilder in der Darstellung von Allegorien wurden zugunsten neuer künstlerischer Lösungen aufgegeben. 1899 vermerkte Klimt fast visionär ahnend auf seinem Gemälde „Nuda Veritas“ die Worte Friedrich Schillers: „Kannst Du nicht allen gefallen durch deine That und dein Kunstwerk, mach es wenigen recht. Vielen gefallen ist schlimm.“
Jede öffentliche Präsentation der Fakultätsbilder, die Klimt bis 1907 großteils mehrmals überarbeitete, löste Auseinandersetzungen zwischen seinen Förderern und Kritikern aus. Das Professorenkollegium sprach sich in einer Petition an das Unterrichtsministerium gegen die Anbringung im Festsaal der Universität aus, Klimts Bewerbung als Professor an der Akademie der bildenden Künste wurde mehrmals abgelehnt. Gustav Klimt trat schließlich 1905 vom Auftrag zurück und zahlte das Honorar von 30.000 Kronen (heute ca. 162.000 Euro) mit Unterstützung seines Mäzens August Lederer an das Ministerium zurück. Seine Fakultätsbilder verstreuten sich daraufhin in den Besitz öffentlicher und privater Sammlungen. 1943 waren die drei Fakultätsbilder anlässlich der Klimt-Ausstellung im Ausstellungshaus Friedrichsstraße (ehem. Secession) zum letzten Mal zu sehen. Die drohenden Bombenangriffe auf Wien machten eine Verlagerung der Kunstwerke nach Schloß Immendorf in Niederösterreich notwendig. Gemeinsam mit vielen anderen Klimt-Gemälden verbrannten die Fakultätsbilder in den letzten Kriegstagen durch Feuerlegung deutscher Rückzugstruppen.

Hygeia, Detail der Medizin
Gustav Klimt, um 1905
Medizin, 1900-1907, verbrannt auf Schloss Immendorf/Niederösterreich im Mai 1945
Rekonstruktion der Decke im Festsaal
Franz Matsch: Theologie, 1900 – 1903, Universität Wien
Philosophie, 1900-1907, verbrannt auf Schloss Immendorf/Niederösterreich im Mai 1945
Jurisprudenz, 1903, verbrannt auf Schloss Immendorf/Niederösterreich im Mai 1945
Nuda Veritas, 1899, Österreichisches Theatermuseum Rekonstruktion der

Klimt persönlich (1862-1883)

Gustav Klimt wurde in eine Zeit hineingeboren, die vom Historismus geprägt war und in die Moderne führte. In seiner Familie herrschten bescheidene Verhältnisse. Der Vater Ernst Klimt (1834-1892) war mit seinen Eltern als Achtjähriger aus dem nördlichen Böhmen nach...

Klimt und die „Künstlercompagnie“ (1883-1892)

Fries im Kunsthistorischen Museum, Wien, 1890/91Aufgrund ihrer bereits gut funktionierenden Zusammenarbeit innerhalb der Kunstgewerbeschule formierten Gustav Klimt, Ernst Klimt (1864-1892) und Franz Matsch (1861-1942) 1883 zur „Künstlercompagnie“ [1]. Ihre fachlich...

Klimt und die Wiener Secession (1897-1905)

Die Gründung der Wiener Secession gilt als das markante Zeichen der künstlerischen Erneuerung im „Wien um 1900“ und als Geburtsstunde des Wiener Jugendstils. Unzufrieden mit der damaligen Ausstellungspolitik und ermutigt durch die vorangegangenen Secessionsgründungen...

Klimts Landschaften (1898-1917)

Besonders bekannt für seine Allegorien und Damenporträts, wandte sich Gustav Klimt relativ spät der Landschaftsmalerei zu. Die ersten Werke dieser Gattung stammen aus dem Jahr 1898 [1], als er bereits Präsident der kurz zuvor gegründeten Wiener Secession war....

Klimt als Zeichner

Sich umarmendes Paar (Studie zum „Beethovenfries“), 1902, Leopold Museum, WienMädchen mit Hut und Cape im Profil,1897/98, Leopold Museum, WienMädchen beim Strumpf anziehen, 1908/09, Leopold Museum, WienAuf dem Bauch liegender Mädchen-Halbakt mit Rüschenkleid, 1904,...

Klimts Beethovenfries (1902)

Beethovenfries, Schmalseite: Die Feindlichen Gewalten, Krankheit, Wahnsinn, Tod, Wollust, Unkeuschheit, Unmäßigkeit, Nagender KummerAls eine der wesentlichsten Ausstellungen der Wiener Secession ist die 14. Schau (15. April – 27. Juni 1902) zu nennen, die ganz im...

Klimts Mäzene im „Wien um 1900“

Alma Mahler, 1899Friederike Beer-Monti, 1913Eugenia PrimavesiBerta Zuckerkandl,1908Der Kosmos des „Wien um 1900“ begeistert bis heute weltweit in seiner Eigenart und Vielfalt. Inmitten dieses Interesses steht der Jugendstilmaler Gustav Klimt, gefördert und bewundert...

Klimt und das Palais Stoclet (1904-1909)

Die ErwartungDer LebensbaumDie ErfüllungDer Lebensbaum„Das Haus Stoclet ist wirklich sehr, sehr schön. Die Fotografien geben gar kein Bild und keinen Begriff. Auch der Garten ist über Erwarten schön [...] Und wann ich durch diesen Raum geh – dann ersteht die heftigste...

Klimts „Goldene Periode“ (1903/05-1911)

Bildnis Adele Bloch-Bauer I, 1907, Neue Galerie, New YorkGustav Klimts Kunst war nicht für jeden erschwinglich. Seine Auftraggeber waren meist männlich und gehörten der gehobenen bürgerlichen Schicht an. Seine Auftragswerke waren ein Spiegel der Wiener Gesellschaft...

Klimt und Emilie Flöge

Gustav Klimt und Emilie Flöge im Garten der Villa Oleander, 1910Gustav und Emilie im Ruderboot, 1909Zwischen 1902 und 1904 malte Gustav Klimt das Porträt von Emilie Flöge, der er seit ihrem Kennenlernen in den 1890er Jahren ein Leben lang verbunden blieb. Das Bild...

Klimt und die Kunstschau (1908/1909)

Verschlussmarke für die Kunstschau 1908, Leopold Museum, WienIm Jahr 1908 feierte Kaiser Franz Joseph mit dem „Kaiserjubiläumshuldigungsfestzug“ seine 60-jährige Thronbesteigung. Bei der Gestaltung des Festzuges wirkten zahlreiche Künstler mit, so auch der Kreis der...

Klimt und die Darstellung des Lebenszyklus (1903-1915)

Tod und Leben, Erste Fassung, 1910/11, Leopold Museum, WienDie Hoffnung II, 1907-1908, The Museum of Modern Art, New YorkDie Hoffnung I, 1903/04, National Gallery of Canada, OttawaNeben repräsentativen Damenporträts aus dem Wiener Gesellschaftsleben und innovativen...

Klimts letztes Atelier (1912-1918)

Gustav Klimt arbeitete beinahe 20 Jahre lang in einem Atelier inmitten eines verwilderten Gartens in der Josefstadt. Nachdem dieses Gebäude demoliert wurde, fand er auf Vermittlung seines Künstlerkollegen Felix Albrecht Harta ab 1912 ein bezauberndes Häuschen mit...