Klimt und die Darstellung des Lebenszyklus

(1903-1915)
Tod und Leben, Erste Fassung, 1910/11, Leopold Museum, Wien
Die Hoffnung II, 1907-1908, The Museum of Modern Art, New York
Die Hoffnung I, 1903/04, National Gallery of Canada, Ottawa

Neben repräsentativen Damenporträts aus dem Wiener Gesellschaftsleben und innovativen Landschaftsbildern aus der Region um den Attersee, finden sich in Gustav Klimts malerischem Werk auch zahlreiche Allegorien, die im besonderen um die Darstellung des Lebenszyklus kreisen. Spätestens seit den Fakultätsbildern, vor allem jenem der „Medizin“, verabschiedete sich Gustav Klimt von den traditionellen Allegorien, die er bis dahin in seine öffentlichen Dekorationsaufträge integrierte. Das metaphysische Symbol trat in den Vordergrund.

Auf der Internationalen Kunstschau 1909 präsentierte Klimt seine beiden Gemälde „Hoffnung I“ aus dem Jahr 1903/04 und „Hoffnung II“ aus dem Jahr 1907/08. Beide thematisieren das Werden des Lebens. Während die schwangere Frau in „Hoffnung I“ in ihrer Nacktheit mit geöffneten Augen auf den Betrachter blickt, trägt die Schwangere in „Hoffnung II“ ein ornamental-dekoriertes Kleid und senkt ihren Kopf zu Boden. In beiden Gemälden ist der Tod symbolisch zu Gast. Ganz anders im 1905 entstandenen, größten Staffeleibild des Künstlers unter dem Titel „Die drei Lebensalter“, das die Lebensabschnitte Kindheit, Jugend und Alter anhand dreier weiblicher Figuren präsentiert. Der Tod ist auch hier allgegenwärtig, wenn auch nicht als Skelett oder Totenkopf sondern als schwarzer Balken im oberen Teil des Gemäldes und als Schleier, der sich über die Füße der jungen Frau und des Kindes windet.

Das Bild war 1911 auf der Internationalen Kunstausstellung in Rom ausgestellt, erhielt die „Goldene Medaille“ und wurde von der Galleria Nazionale d´Arte Moderna erworben.

Ebenfalls 1911 in Rom ausgestellt und kurz davor in seinem ersten Zustand fertiggestellt, war die monumentale Allegorie „Tod und Leben“. Auch hier findet sich die Darstellung des Lebenszyklus, symbolisiert durch ein Knäuel an Menschen jeden Alters auf der rechten Bildhälfte, links im Bild der Tod, in einen blauen Mantel gehüllt. Während Klimts Tod in der ersten Fassung seinen Kopf noch gesenkt hält und eher starr erscheint, hält er in der ab 1915 überarbeiteten Fassung aktiv eine rote Keule in der Hand und hat den Blick auf die ihm gegenüberliegende Menschengruppe gerichtet. Die Gruppe scheint mit geschlossenen Augen in einem Traumzustand zu schweben, nur jene weibliche Figur, die direkt dem Tod gegenübersteht, hat ihre Augen weit und leer geöffnet. Bis heute kann man nur erahnen, was Klimt zur Abänderung der ersten Fassung bewogen hat. Der Erste Weltkrieg und die damit verbundene Allgegenwart des Todes sowie der Tod von Klimts Mutter im Jahr 1915 mögen Impulse dafür gegeben haben. 1916 war das Gemälde unter dem Titel „Der Tod und die Liebe“ in der Berliner Secession ausgestellt. Heute ist es im Wiener Leopold Museum zu bewundern.

Tod und Leben, 1910/16, Leopold Museum, Wien
Die drei Lebensalter der Frau, 1905, Galleria Nazionale d‘Arte Moderna e Contemporanea, Rom

Klimt persönlich (1862-1883)

Gustav Klimt wurde in eine Zeit hineingeboren, die vom Historismus geprägt war und in die Moderne führte. In seiner Familie herrschten bescheidene Verhältnisse. Der Vater Ernst Klimt (1834-1892) war mit seinen Eltern als Achtjähriger aus dem nördlichen Böhmen nach...

Klimt und die „Künstlercompagnie“ (1883-1892)

Fries im Kunsthistorischen Museum, Wien, 1890/91Aufgrund ihrer bereits gut funktionierenden Zusammenarbeit innerhalb der Kunstgewerbeschule formierten Gustav Klimt, Ernst Klimt (1864-1892) und Franz Matsch (1861-1942) 1883 zur „Künstlercompagnie“ [1]. Ihre fachlich...

Klimts Fakultätsbilder für die Univ. Wien (1894-1907)

Selten hat es in der österreichischen Geschichte der Kunst ein Vorhaben gegeben, das von Anfang an so vielen Widerständen ausgesetzt war. Die Alma Mater Rudolfina wurde 1883 als eines der historistischen Monumentalbauten der Wiener Ringstraße von Heinrich Ritter von...

Klimt und die Wiener Secession (1897-1905)

Die Gründung der Wiener Secession gilt als das markante Zeichen der künstlerischen Erneuerung im „Wien um 1900“ und als Geburtsstunde des Wiener Jugendstils. Unzufrieden mit der damaligen Ausstellungspolitik und ermutigt durch die vorangegangenen Secessionsgründungen...

Klimts Landschaften (1898-1917)

Besonders bekannt für seine Allegorien und Damenporträts, wandte sich Gustav Klimt relativ spät der Landschaftsmalerei zu. Die ersten Werke dieser Gattung stammen aus dem Jahr 1898 [1], als er bereits Präsident der kurz zuvor gegründeten Wiener Secession war....

Klimt als Zeichner

Sich umarmendes Paar (Studie zum „Beethovenfries“), 1902, Leopold Museum, WienMädchen mit Hut und Cape im Profil,1897/98, Leopold Museum, WienMädchen beim Strumpf anziehen, 1908/09, Leopold Museum, WienAuf dem Bauch liegender Mädchen-Halbakt mit Rüschenkleid, 1904,...

Klimts Beethovenfries (1902)

Beethovenfries, Schmalseite: Die Feindlichen Gewalten, Krankheit, Wahnsinn, Tod, Wollust, Unkeuschheit, Unmäßigkeit, Nagender KummerAls eine der wesentlichsten Ausstellungen der Wiener Secession ist die 14. Schau (15. April – 27. Juni 1902) zu nennen, die ganz im...

Klimts Mäzene im „Wien um 1900“

Alma Mahler, 1899Friederike Beer-Monti, 1913Eugenia PrimavesiBerta Zuckerkandl,1908Der Kosmos des „Wien um 1900“ begeistert bis heute weltweit in seiner Eigenart und Vielfalt. Inmitten dieses Interesses steht der Jugendstilmaler Gustav Klimt, gefördert und bewundert...

Klimt und das Palais Stoclet (1904-1909)

Die ErwartungDer LebensbaumDie ErfüllungDer Lebensbaum„Das Haus Stoclet ist wirklich sehr, sehr schön. Die Fotografien geben gar kein Bild und keinen Begriff. Auch der Garten ist über Erwarten schön [...] Und wann ich durch diesen Raum geh – dann ersteht die heftigste...

Klimts „Goldene Periode“ (1903/05-1911)

Bildnis Adele Bloch-Bauer I, 1907, Neue Galerie, New YorkGustav Klimts Kunst war nicht für jeden erschwinglich. Seine Auftraggeber waren meist männlich und gehörten der gehobenen bürgerlichen Schicht an. Seine Auftragswerke waren ein Spiegel der Wiener Gesellschaft...

Klimt und Emilie Flöge

Gustav Klimt und Emilie Flöge im Garten der Villa Oleander, 1910Gustav und Emilie im Ruderboot, 1909Zwischen 1902 und 1904 malte Gustav Klimt das Porträt von Emilie Flöge, der er seit ihrem Kennenlernen in den 1890er Jahren ein Leben lang verbunden blieb. Das Bild...

Klimt und die Kunstschau (1908/1909)

Verschlussmarke für die Kunstschau 1908, Leopold Museum, WienIm Jahr 1908 feierte Kaiser Franz Joseph mit dem „Kaiserjubiläumshuldigungsfestzug“ seine 60-jährige Thronbesteigung. Bei der Gestaltung des Festzuges wirkten zahlreiche Künstler mit, so auch der Kreis der...

Klimts letztes Atelier (1912-1918)

Gustav Klimt arbeitete beinahe 20 Jahre lang in einem Atelier inmitten eines verwilderten Gartens in der Josefstadt. Nachdem dieses Gebäude demoliert wurde, fand er auf Vermittlung seines Künstlerkollegen Felix Albrecht Harta ab 1912 ein bezauberndes Häuschen mit...