Klimts Landschaften
(1898-1917)Besonders bekannt für seine Allegorien und Damenporträts, wandte sich Gustav Klimt relativ spät der Landschaftsmalerei zu. Die ersten Werke dieser Gattung stammen aus dem Jahr 1898 [1], als er bereits Präsident der kurz zuvor gegründeten Wiener Secession war. Kulturpolitische Wirren im Allgemeinen und die öffentliche Aufregung über seine für die Universität Wien entworfenen Fakultätsbilder mögen Anlass dafür gewesen sein, sich vermehrt ruhigeren Themen zuzuwenden.
Unter den heute bekannten rund 250 Gemälden von Gustav Klimt finden sich über 50 Landschaften, die zum Großteil während seiner „Sommerfrische“ in der Region um den Attersee entstanden sind, wo er von 1900 bis 1916 nahezu jeden Sommer verbrachte.
Ab 1899 haben Klimts Landschaftsbilder ausschließlich quadratisches Format. Er malt nun vor allem Teiche und Sümpfe [2-3], blühende Bauerngärten [7] und tiefe Waldeinblicke [5]. Bei der Wahl seiner Motive steht Klimt in der Tradition der österreichischen Stimmungsrealisten, wobei er sich jedoch durch ungewöhnliche und gewagte Bildausschnitte als sehr moderner Maler erweist. So schneidet er beispielsweise in der Darstellung der großen Pappel [6] den titelgebenden imposanten Baum radikal am oberen Bildrand ab. Im Gemälde „Attersee“ [4], das ein zeitgenössischer Kunstkritiker „Rahmen voller Seewasser“ nannte, reduziert er die Tiefenwirkung der Darstellung durch den extrem hoch angesetzten Horizont auf ein Minimum.
Klimt verarbeitet in seinen Werken die Errungenschaften verschiedener Kunstströmungen: Die Wasseroberfläche des Gemäldes „Der Sumpf“ [3] zeigt Anklänge an den Impressionismus, das mosaikartige Geflecht aus Farbtupfen in der großen Pappel [6] verrät dagegen eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit dem Pointillismus. Das Werk Vincent van Goghs faszinierte Klimt wiederum seit seinen Frankreich-Reisen und den Secessionsausstellungen von 1903, 1906 und 1909, in denen die farbintensiven und temperamentvollen Arbeiten des Niederländers erstmals in Wien präsentiert wurden. Eine individuelle Auslegung der Kunst van Goghs kann man zum Beispiel in der „Allee zum Schloss Kammer“ [8] erkennen.
In den späten Landschaftsbildern setzt sich Gustav Klimt mit den Strömungen des Fauvismus und Kubismus auseinander. Während seine früheren Werke mitunter stark stilisiert waren, sind die flächigen, auf ein klassisches Bildzentrum verzichtenden Landschaftskompositionen des Spätstils von pastosen und leuchtenden Farben bestimmt, wie im Gemälde „Forsthaus in Weißenbach“ [9] oder Klimts letzter Landschaft, einer Ansicht von Unterach am Attersee [10], deutlich zu sehen ist.